Erich Kutter, Von dort marschierten sie ...

Erich Kuttner, Foto
Erich Kuttner, Foto, Aufnahmejahr unbekannt
AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung

Erich Kut­ter, Von dort mar­schier­ten sie ...

Lieber alter Xenophon! Wie oft habe ich dieser Tage an dich gedacht und dein berühmtes Werk: ‚Der Rückgang der Zehntausend‘. […] Es gab da Kapitel, in denen fortgesetzt die Redensart wiederkehrte: ‚Enteuthen eporeuthesan‘ (‚von dort marschierten sie‘). Und dann kam die Angabe: 3 Tagesmärsche, 15 Parasangen […] 5 Tagesmärsche, 20 Parasangen u.s.f. Mir waren diese Kapitel lieb, weil der ständig wiederholte Satz: ‚Von dort marschierten sie …‘ die Mühe der Übersetzung ersparte. Im Übrigen war mir die Zahl der Tagesmärsche wie Parasangen einerlei.

Erich Kuttner, Von dort marschierten sie, 1916

1915 meldete sich der 1887 geborene sozialdemokratische Journalist und Rechtswissenschaftlicher Erich Kuttner als Freiwilliger zum Kriegsdienst und verbrachte die ersten Wochen als Soldat mit Schanzarbeiten an der Westfront.

Zur Unterstützung der VIII. Armee gegen die russischen Truppen wurde Kuttners Einheit im Sommer 1915 an die Ostfront verlegt. Von dort verfasste er eine sechzehnteilige Reihe von Berichten für die Volksstimme, in denen er eine Kriegsgeschichte aus der Sicht eines einfachen Infanteristen schreiben wollte. Diese Berichte, niedergeschrieben während eines insgesamt 500 km langen Marsches seiner Einheit durch das Kampfgebiet, wurden in der Chemnitzer Volksstimme zwischen dem 17. August 1915 und dem 05. Februar 1916 unter dem Titel Von dort marschierten sie … abgedruckt. Noch im selben Jahr wurden die Berichte, die auch vom Regimentskommandeur sowie vom Divisionsgeneral positiv aufgenommen worden waren, als Broschüre herausgegeben.

Wenn auch Kuttners Berichte viele der von den Soldaten beklagten Zustände nicht schilderten – und aufgrund der Zensur auch nicht schildern konnten –, so ermöglichen sie dennoch einen Einblick in die Alltagsstrapazen einfacher Soldaten, die es so auch an anderen Fronten gab.

1942 wurde Erich Kuttner unmittelbar nach dem Einmarsch deutscher Truppen in die Niederlande, wohin er 1933 emigriert war, von der Gestapo verhaftet und am 06. Oktober im Konzentrationslager Mauthausen ermordet. 

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