Der Unbekannte Soldat
Der Kamerad von Naumburg ist durch einen Wadenschuß verwundet worden. Und der Fricke aus Jessen, der mit Seidels Frieda verwandt ist, wurde durch ein Schrapnell am rechten Oberarmmuskel verwundet. Ein paar von Naumburgern sind schon tot.
Erich Donath in einem Brief an seine Familie, 1915
Rund 10 Millionen Menschenleben hat der Erste Weltkrieg gefordert, die Zivilisten nicht mit eingerechnet. Mehr als 13 Millionen Männer zogen für das Deutsche Reich in den Krieg. Etwa zwei Millionen von ihnen kehrten nicht daraus zurück.
Die feldgraue Uniform trugen Volksschullehrer, Anstreicher und junge Studenten. Bauern saßen neben Akademikern in den Unterständen, Städter und Landbevölkerung harrten im Schützengraben nebeneinander aus. Katholiken, Protestanten und Juden beteten für eine gesunde Heimkehr.
Das deutsche Heer war das Abbild der deutschen Gesellschaft. Bei all den unterschiedlichen Lebensläufen, Weltanschauungen sowie persönlichen Vorstellungen und Wünschen jedoch hatten die Soldaten einen kleinsten gemeinsamen Nenner: die Aufgabe des zivilen Daseins und ein Leben als Soldat, der ständiger Todesgefahr ausgesetzt war und seinen Weg finden musste, mit dieser permanenten Ausnahmesituation fertig zu werden.
Den einzelnen Menschen in den Millionenheeren des Ersten Weltkriegs wurde in der öffentlichen Erinnerung als des „unbekannten Soldaten“ gedacht. Zu groß war die Zahl einfacher Mannschaftssoldaten, die – nicht selten im wahrsten Sinne des Wortes – anonym ihr Leben verloren. Der „unbekannte Soldat“ hinterließ allerdings eine große Menge an Tagebüchern, Feldbriefen und Erinnerungen. In diesen Dokumenten rechtfertigte der junge Kriegsfreiwillige seinen Eintritt in das Heer, berichtete der Pfarrer über Stunden der Hoffnung und prangerte der sozialdemokratische Arbeiter das massenhafte Töten und Sterben an.