Der Krieg in deutschen Satireblättern

Zeichnung: Carl Olof Petersen
Carl Olof Petersen, Die goldenen Strahlen, Lustige Blätter 1918
Deutsche Nationalbibliothek. Digitalisat: Universitätsbibliothek Heidelberg

Der Krieg in deutschen Sa­ti­reblät­tern

Friedlich, ferne von Grimm und Grolle,
Baute der Bauer die nährende Scholle,
Reifen sah er die köstliche Saat;
Rüstete sich, zu füllen die Scheuer.
Da an des Hofes schirmend Gemäuer
Legte das wilde, zerstörende Feuer
Neidischer Nachbarn feiler Verrat!
Krieg!

Kladderadatsch Nr. 32, 1914

Mit dem Beginn des Krieges schwenkten auch die deutschen Satireblätter, die sich in den Jahren davor durchaus kritisch mit Politik und Gesellschaft beschäftigt hatten, in den offiziellen Kurs vom Burgfrieden ein. Hauptgegner dieser Zeitschriften wurden über Nacht die Mächte der Entente: So z.B. Frankreich, dargestellt als attraktive und unschuldige Marianne, die durch Großbritannien zu einem Krieg verführt worden sei, den sie selbst nie gewollt hätte.

Großbritannien, das perfide Albion, wurde karikiert durch die Figur John Bull, den egoistischen Beherrscher des Weltmarktes, der sich durch die wirtschaftliche Macht Deutschlands bedroht sah und die Staaten Europas gegen seinen Konkurrenten aufstachelte.

Das russische Zarenreich, gelenkt durch britische Interessen, verbildlichte der Bär, der als träge und barbarisch galt.

Und mit dem Kriegseintritt der USA betrat die Figur des Uncle Sam die Seiten der deutschen Satireblätter. Dieser sei zwar auch durch England in den Krieg verwickelt worden, jedoch stecke hinter seinen Reden von Freiheit und Demokratie letztlich das Ziel, dem Empire den Rang als Weltmacht abzunehmen.

Für eine erfolgreiche Propaganda war ausschlaggebend, dass sich die Themen unter einer großen Idee und Weltanschauung zusammenfassen ließen. Diese alles rahmende Idee war bei den Alliierten der Kampf für Freiheit, Zivilisation und Demokratie gegen die rückwärtsgewandte Barbarei des preußischen Militarismus und der halbabsolutistischen Herrschaft der Hohenzollern.

In Deutschland hingegen gelang es nicht, einen griffigen Slogan zu entwickeln, der das Blutvergießen mit höheren Weihen versehen konnte. Die Verunglimpfung der westlichen Demokratien als seelenlose kapitalistische Herrschaftsgebäude konnte nicht überzeugen, und auch der Versuch, aus der anfänglichen Geschlossenheit einiger Teile der deutschen Gesellschaft, wie sie sich im August 1914 zeigte, einen Mythos der Ideen von 1914 zu konstruieren, gelang nicht.

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